Bernd K. Wunder spielte Gefahr schon früh herunter

Der Kopf hinter #allesdichtmachen: Spielten die Schauspieler einem Corona-Verharmloser in die Karten?

Internetaktion #allesdichtmachen: Mittlerweile rudern viele der Schauspieler zurück.
Internetaktion #allesdichtmachen: Mittlerweile rudern viele der Schauspieler zurück.
© dpa, -, fdt

26. April 2021 - 14:54 Uhr

AfD und Querdenker bejubeln #allesdichtmachen

53 deutsche Schauspieler kritisieren mit der Aktion #allesdichtmachen die Corona-Politik der Bundesregierung. In persönlichen Videoclips kommentieren sie etwa die Lockdown-Maßnahmen oder die Berichterstattung der Medien – mal ernst, aber vor allem satirisch-ironisch. Das Massen-Statement schlägt hohe Wellen, zwischenzeitlich knickt die Website unter der Last der Aufrufe ein. Viele Schauspielerkollegen äußern sich entsetzt, Applaus kommt vor allem aus der Querdenker-Szene und der AfD. Hinter der Aktion steckt ein Mann, der die Gefahr des Coronavirus schon früh herunterspielte.

Bernd K. Wunder bekam Zuschuss für Streaming-Plattform

Laut Impressum der mittlerweile nicht mehr abrufbaren Homepage ist die Münchner Firma "Wunder am Werk" für die Aktion verantwortlich. Deren Geschäftsführer Bernd K. Wunder ist in der deutschen Filmszene kein neues Gesicht. 2003 gründete der Regisseur, der mit bürgerlichem Namen Bernd Katzmarczyk heißt, zusammen mit dem Schauspieler Ken Duken die Produktionsfirma "Grand Hotel Pictures", die neben Werbefilmen auch Kurzfilme und Musikvideos produziert. Eigenen Angaben zufolge war Wunder unter anderem an einer Tourismus-Werbekampagne mit Philip Lahm beteiligt und entwarf Werbeclips mit Harald Schmidt. Auch Musikvideos von Tim Bendzko und Bushido listet er in seinem Portfolio.

Als die Kinos nach dem lockeren Corona-Sommer im vergangenen Jahr wieder dicht machen müssen, gründet der selbsternannte "Blockchain Evangelist" das Unternehmen Cine.Box, das sich eigenen Angaben zufolge auf das Blockchain-basierte Streaming von Filmen spezialisiert hat. Die Firma überträgt im Januar 2021 das Filmfestival "Max Ophüls Preis", das saarländische Wirtschaftsministerium bezuschusst dies für den Aufbau der Streaming-Plattform mit 56.000 Euro.

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Lästereien über Lauterbach und "Maskenknappen"

Als der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach im Juli 2020 im Fernsehen über mögliche Virusinfektionen in Kinos spricht, postet Wunder auf Instagram einen Ausschnitt und regt sich auf: "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Klappe halten." Im Mai desselben Jahres veröffentlicht der Regisseur ein Bild mit einem Hund auf dem Arm, auf dem steht: "Das Robert Koch Institut warnt eindringlich vor selbst gemachtem Hundschutz". Im dazugehörigen Kommentar bezeichnet er Befürworter eines Teil-Lockdowns als "Maskenknappen" und verwendet dabei den schon mehrfach widerlegten Vergleich der Grippe mit dem Coronavirus, um Kritik an den seiner Meinung nach offenbar völlig überzogenen Corona-Maßnahmen zu üben.

Im August 2020 postet er ein Bild von zwei Kindern in einem Kindergarten in Thailand. Sie spielen in einem eigenen, mit Folie abgetrennten Bereich und tragen dabei einen Mundschutz. Wunders Kommentar: "Jeder der sich an dieser Panikmache beteiligt ist daran Schuld! Der Ausdruck Coronazi ist somit absolut gerechtfertigt." Der Begriff wird in der Szene der Corona-Leugner und "Querdenker" gerne verwendet, um Menschen zu diffamieren, die vor den Gefahren der Corona-Pandemie warnen und regulierende Maßnahmen unterstützen. Instagram versah den Beitrag mit einer Faktencheck-Info über Covid-19. Kurz darauf schrieb der Regisseur zu einem Bild von der Tür zum Operationsbereich eines Krankenhauses, Investitionen in Krankenhäuser seinen sinnvoller als in Coronatests. Was konkret er damit meinte, ist unklar.

Im Video: Die #Allesdichtmachen-Beiträge von Jan Josef Liefers, Heike Makatsch und Co.

Regisseur will nicht mit Verschwörungstheoretikern in eine Ecke gestellt werden

Diese Aussagen möchte Wunder mittlerweile offenbar nicht mehr in der Öffentlichkeit wissen – seit Freitagnachmittag ist sein Instagram-Account nicht mehr öffentlich einsehbar. Auch die Homepage der #allesdichtmachen-Aktion ist mittlerweile offline. Eine RTL-Anfrage ließ der Regisseur unbeantwortet. Auch mehrere der beteiligten Schauspieler rudern nach starkem Gegenwind mittlerweile zurück. Dass sie mit ihrer Aktion einem Corona-Skeptiker in die Karten spielen, hätte ihnen vorher klar sein können.

Update: Mittlerweile hat sich Wunder im Gespräch mit dem "Focus" zu den Vorwürfen geäußert. Dem Portal sagte er: "Weder leugnen wir Corona noch stellen wir die Gefahr, die von der Krankheit ausgeht, in Abrede. Er wolle nicht mit "mit rechten Verschwörungstheoretikern, Reichsbürgern und Corona- und Pandemieleugnern" in eine Ecke gestellt werden. Ziel der Aktion sei es, "die Diskussion wieder zu öffnen, zu verbreitern und Stimmen Gehör zu verschaffen, die bisher nicht gehört wurden oder die keine Bühne gefunden haben." Zugleich räumte er ein, Corona anfangs fälschlicherweise als eine Art Grippe verharmlost zu haben. "Das hat sich geändert. Ich halte Corona mittlerweile für eine gefährliche Krankheit."